Kirchenchronik

Am 1. Januar 1851 unterzeichnete der neue Kölner Kardinal Johannes von Geissel die Pfarrerhebungsurkunde und erhob damit als erster Kardinal Kölns Bocket zur ersten Pfarre während seiner Amtszeit. Schon 8 Tage danach wurde der Kaplan aus St. Marien in Düren, Johann Peter Granderath aus Garzweiler im Kreise Grevenbroich, zum Pfarrer der neuen Pfarre bestellt und am 4. Februar durch den Landdechanten, Oberpfarrer Endepohls aus Heinsberg, feierlich in sein Amt eingeführt. An dieser Feier nahmen außer benachbarten und befreundeten Geistlichen der Bürgermeister von Waldfeucht, die Gemeindevertreter aus Bocket, ein 12stimmiger Kreislehrerchor unter der Leitung von Lehrer Lenz, Heinsberg, die St. Josef Schützengesellschaft, die St. Aloysius Jungschützen und natürlich die ganze Dorfbevölkerung teil. Unter den Teilnehmern an den Festlichkeiten fehlte allerdings die Geistlichkeit aus Waldfeucht. Der Chronist berichtet, dass auch in Waldfeucht am 4. Februar gefeiert wurde, ein Anlass wird nicht genannt, und aus diesem Zweck die Stadttore geschlossen blieben, so dass nur ein paar einzelne Waldfeuchter sich durch den Festungsgraben nach hier geschlichen haben. Man feierte das Ereignis 4 Tage lang, beginnend mit dem Beiern der Glocke am Tage vor der Einführung nachmittags von 4 bis 6 Uhr und am Festmorgen, mit Böllerdonner und Blas- und Schlaginstrumenten. Über das Dorf waren 33 Triumphbögen verteilt. Das Fest glich einer großen Kirmes.

Mit der Bestellung des ersten Kirchenvorstandes am 5. Februar 1851 war kirchenrechtlich alles geordnet, doch die Anerkennung der preußischen Regierung erfolgte erst am 31.5.1855.

Leider konnte Rektor Nolten, der soviel zu diesem Ziel beigetragen hatte und die Verwirklichung mit Freude betrachten konnte, alters- und krankheitsbedingt an den Feierlichkeiten nicht mehr teilnehmen. Er starb am 3.3.1851 und wurde als einer der ersten auf dem von ihm gestifteten Friedhof begraben. Pfarrer Johann Peter Granderath diente der Pfarre fast 23 Jahre. Er erwarb sich große Verdienste bei der Ausstattung des Gotteshauses und sorgte für die Anschaffung guter liturgischer Gewänder. Ebenso machte er sich um das Schulwesen verdient. Es war für den ersten Pfarrer nicht immer leicht, die junge Pfarrei mit manchmal zögerlichen und wiederstreitenden Mitgliedern zu einer Pfarrfamilie zu formen. 1874 verstarb er 64jährig an einem inneren Leiden. Er ist unter dem großen Friedhofskreuz beigesetzt.

 

Höhen und Tiefen für die Pfarrgemeinde im Spiegel des Gotteshauses

Höhen und Tiefen zeigen sich nach außen vor allem in den Bestrebungen der Gemeindemitglieder, mit ihren jeweiligen Pfarrern für „ihr“ Gotteshaus, und alles was damit zusammenhängt, Positives zu erreichen. Das war in schweren Zeiten sicher nicht einfach und ist in guten Zeiten nicht immer selbstverständlich. Es zeugt jedoch stets für den Identifikationsgrad der Menschen mit „ihrer“ Kirche. Zu allen Zeiten waren finanzielle Opfer und persönlicher Einsatz gefragt. Es zeigt sich, dass die Pfarrkinder dazu bereit waren; mit einigen ganz persönlichen, hochherzigen Spenden (Kreuzweg, Glocke, Figuren u.a.) und sehr vielen, mehr oder weniger großen Beiträgen. Während der Jahre gab es dabei in den Zielen sehr viel Übereinstimmung, manchmal aber auch unterschiedliche oder stark konträre Vorstellungen der Pfarrkinder untereinander und mit den Seelsorgern. Über diese Entwicklungen informieren die folgenden Abschnitte.

 

Das Äußere des Gotteshauses – Gediegenheit und Kontinuität

Im Jahr der ersten deutschen Reichsgründung 1871 hatte Bocket 150 Häuser mit 741 Einwohnern. Bis zu dieser Zeit blühte die Hausarbeit, besonders die Handweberei. Durch die aufkommende Industriealisierung wurde sie allmählich konkurrenzunfähig. Aus diesem Grund wanderten seit 1863 eine Reihe Familien nach Amerika aus, so dass die Bevölkerungszahl eher schrumpfte. Auch das kirchliche Leben geriet infolge des Streits zwischen dem Vatikan und der preußischen Regierung, dem sogenannten Kulturkampf in den siebziger Jahren, in arge Bedrängnis. Dies zeigen vor allem die dramatischen Umstände der Seelsorge während dieser Zeit durch Pfarrer Herkenrath, die schließlich mit der Entführung seiner Leiche von Koningsbosch nach Bocket für die Pfarre doch noch zur Zufriedenheit der Dorfbewohner endete, und anschließend 10jährige Verwaisung der Pfarrstelle.

Erst 1884 erhielt die Pfarre im Hilfsgeistlichen Ägidius Chantraine wieder einen ständigen Seelsorger, der die Vorbereitungen für einen Kirchenneubau einleitet, da die vorhandene, letztmalig 1822 erweiterte, barocke Kapelle die Gläubigen nur noch zur Hälfte fasste. Der Beschluss zum Neubau wurde in einer Dorfversammlung 1886 einstimmig gefasst, und mit dem Bau konnte man im Frühjahr 1887 beginnen.

Es ist für unsere heutige Generation wohl schwer vorstellbar, wie das imposante, aus Backsteinen errichtete Gotteshaus, mit der Kraft und den Mitteln eines 700-Seelen-Dorfes, ohne staatliche und kirchliche Zuschüsse entstehen konnte. Die Berichte darüber sind sehr detailliert in den angeführten Vorlagen zu diesen Ausführungen festgehalten und eine faszinierende Lektüre.

Immerhin mussten, neben den kostenlosen Hand- und Spanndiensten in vergleichbarer Höhe, 66000 Mark aufgebracht werden. Es ist daher vorstellbar, dass nicht immer alles friedlich verlief. Bewohner wehrten sich teilweise mit Erfolg gegen die bis zu 300% hohe Kirchensteuer als Umlage auf sämtliche Grund-, Gebäude- und Klassensteuer für 3 Jahre, so dass sie schließlich nur auf die Dreiklassensteuer erhoben wurde. Die Umstände führten u.a. 1888 zur Versetzung des beliebten Hilfsgeistlichen Chantraine nach Aachen. Der Chronist Peter Tillmanns führt dazu das Martin Luther zugeschriebene Sprichwort an: „Wo Gott dem Herrn ein Haus gebaut wird, da baut der Teufel ein Kapellchen dazu.“

Erfreulicherweise erhielt die Gemeinde mit Hermann Josef Müller einen einsatzfreudigen und kunstverständigen Pfarrer als Nachfolger, der am 29. April 1888 unter großen Feierlichkeiten den Grundstein sichtbar an der Evangelienseite des Chors legen konnte und mit dem Architekten Lambert von Fisenne aus Meersen für einen zügigen Bauablauf sorgte, so dass Gotteshaus und Altar schon am 25. Juli 1889 durch Weihbischof Dr. Antonius Fischer aus Köln dem Heiligen Josef geweiht werden konnte. Pfarrer Müller hinterließ bei seinem Tode im Januar 1901 eine Pfarrkirche, die nach ihrem äußeren Bau, ihrer Ausmalung und ihrer Innenausstattung mit der guten Orgel, die von seinem Bruder aus Reifferscheid/Eifel gebaut ist, eine schöne und praktische Dorfkirche darstellt.

Vom Turm ruft eins der wenigen Bronzegeläute unserer näheren Heimat, 1929 gegossen, von Abt Dr. Romualdus Wolters nach feierlicher Überführung in einem Pontifikalamt geweiht und in den Tagen darauf in den neuerbauten Glockenstuhl gebracht, die Gläubigen zum Gebet.

Den 2. Weltkrieg überstanden die Meisterwerke vielleicht gerade deshalb, weil sie, vom Pfarrer mit einem Begleitschreiben als wertvolles Kulturgut versehen, in Hamburg lagerten und so beim Beschuss nicht im Turm hingen. 1947/48 gelangten sie zur großen Freude der Pfarrgemeinde unversehrt an ihre alten Plätze zurück.

Gleichzeitig konnte auch die notdürftig reparierte alte Turmuhr ihren Dienst wieder aufnehmen. Sie wurde 1959 ersetzt und wird seit 1990 durch einen funkgeführten, elektronischen Antrieb in Gang gehalten, mit dessen Steuergerät zusätzlich auch alle Läutefunktionen vollautomatisch ausführbar sind.

Abgesehen von der Sakristeierweiterung, als Geschenk der Pfarre zum silbernen Priesterjubiläum von Pastor Kniepen im Jahre 1937, änderte sich das Äußere der Kirche unter den auf Müller folgenden Pfarrern Jansen, Sauer, Brathe und Kniepen bis zum Weltkrieg nicht mehr.

Nur anfänglich gingen die Kriegsjahre an der Pfarrei äußerlich glimpflich vorbei. Spätestens als man 1942 die drei größten Glocken zur Einschmelze abholte, im Januar 1945 der Turmhelm heruntergeschossen wurde, das Dach und die Fenster stark beschädigt, Paramente und Inventar, soweit nicht vor der Evakuierung 1944 von Pfarrangehörigen sicher versteckt, gestohlen und Kirche und Pfarrhaus total verwüstet warten, spürte man auch hier die unheilvolle zerstörerische Wucht, die dieser Weltkrieg verübte. Viel größer aber waren Leid und Not der Bevölkerung.

Schon in den ersten drei Nachkriegsjahren besserte man die schlimmsten baulichen Schäden aus. Anstatt des schlanken, 20m hohen Helmes, der von einer Balustrade umgeben war, erhielt der Turm aus Kostengründen einen kürzeren von 6 m Höhe, mit einem neuen Kreuz, und der alte Hahn kam an seinen Platz.

1949 ersetzte die Herstellerfirma Oidtmann aus Linnich die 3 zerstörten der 5 Chorfenster durch Neue. Außerdem wurde die Orgel instandgesetzt. So waren spätestens zur Jahrhundertfeier der Pfarrerhebung am 1. Januar 1951 die Schäden an Kirche und Pfarrhaus, auch nach der Reparatur der Seitenschiff- und Erneuerung der 8 Mittelschifffenster, weitgehend behoben.

Pfr. Johannes Franßen wurde 1971 in Bocket eingeführt. Er engagierte sich nicht nur unermüdlich bei der Innengestaltung des Gotteshauses, sondern darüber hinaus auch für die Seelsorge über die Pfarrgrenzen hinweg. Turm und Mittelschiff erhielten 1974 ein neues Kunstschieferdach, und 1987 erfolgte im ersten Bauabschnitt am Turm eine umfangreiche Mauerwerksanierung.

Den hundertsten Jahrestag zur Weihe von Kirche und Altar feierte die Kirchengemeinde am 6. August 1989 mit einer festlichen Prozession und anschließendem Gottesdienst mit Pfarrer Franßen, Pfr. Josef Voß und Pfr. i. R. Gottfried Joppen aus Obspringen. Zum Abschluss der Feierlichkeiten fand am 19. November 1989 ein feierliches Kirchenkonzert unter Mitwirkung des Gesang- und Musikvereins statt.

Nur einen Tag später, am 20. November 1989 verstarb im Alter von 68 Jahren Pfarrer Johannes Franßen. Er war fast 20 Jahre Pfarrer in Bocket.

Pastor Theo Floracks, Pfarrer in St. Johannes d. Täufer Haaren, übernahm die Vakanz in Bocket als Mitverwalter und Betreuer.

Am 13. April 1992 beschädigte ein Erdbeben der Stärke 5,5 die Pfarrkirche so sehr, dass sie aus Sicherheitsgründen gesperrt werden musste. Der Gottesdienst fand bis zur Wiederbenutzung der renovierten Kirche am 30.6.1994 in der „Alten Schule“ statt.

Pfarrer Theo Floracks verabschiedete sich am 3. Oktober 1993 von den Pfarrangehörigen in Bocket. In der darauf folgenden ca. einjährigen Vakanzzeit war Dechant Kolmschot aus Karken für den Verwaltungsbereich und Pfarrer Kretz aus Braunsrath für die seelsorgerische Betreuung zuständig.

Vom 18. Dezember 1994 bis zum 15. Oktober 1996 war Dr. Werner Rampold Seelsorger der Weggemeinschaft Haaren und Bocket. Am 15. Oktober 1996 verlässt er die Pfarre St. Josef Bocket. Der Subsidiar, Pfarrer Laumen, hielt in der erneuten Zeit der Vakanz die hl. Messe in Bocket.

Pfarrer Heinz-Wilhelm Vollberg wird am 22. Oktober 2000 als neuer Pfarrer für die Weggemeinschaft Haaren und Bocket eingeführt.

 

Quellen: „Bocket in Wort und Bild“

„Pfarrchroniken der Pfarre St. Josef Bocket“